Artikel der Landes-Zeitung
INKLUSION / INTERNATIONALE KLASSEN
Wie genau sieht Inklusion im Schulalltag aus und wie funktionieren internationale Klassen? Diese Fragen hat der Schulelternrat der Heinrich-Drake-Schule und der Realschule Lemgo gestellt.
Petra Fecke, Schulleiterin der Heinrich-Drake-Hauptschule, Norbert Fischer, Schulleiter der Lemgoer Realschule, und Matthias Tiemann, Sonderpädagoge beider Schulen, lieferten Eltern während einer Infoveranstaltung im Schulzentrum Heldmanskamp Antworten.
Tiemann war es dabei besonders wichtig zu betonen, dass „Inklusion die Erkenntnis der Heterogenität meint“. Es gehe dabei also nicht nur um Schüler mit Förderbedarf, sondern um eine Schullandschaft mit einem breiten Spektrum an unterschiedlichen Talenten. Auf die Frage, ob Integrationsklassen eine Benachteiligung für normale Kinder darstellen, meinte Tiemann: „Nein, bei einer guten Mischung nicht. Denn die soziale Kompetenz der Kinder wächst, wenn leistungsstarke Schüler schwächeren helfen.“ Realschulleiter Fischer ergänzte: „Für den Lernerfolg ist es wichtig, dass die Kinder in einer Lerngruppe zusammenwachsen. Dasselbe gilt aber auch für Regelklassen.“
Daraufhin berichtete der Vater eines Kindes mit Förderbedarf von seinen Erfahrungen. Sein Nachwuchs sei ganz normal in die Klasse integriert, und die Mitschüler würden es nicht anders behandeln als andere Kinder.
Dass es auf individuelle Lösungen ankomme, schilderte Tiemann eindrücklich. Klassenarbeiten würden in Absprache mit dem zuständigen Sonderpädagogen erstellt. „Man darf nicht unterschätzen, dass Förderkinder vielleicht nicht so gut in Mathe, Deutsch und Englisch sind, aber sehr kreativ sein können.“
Bedenken über internationale Klassen äußerten die Eltern nicht, jedoch die Schulleiter: „Es ist enorm schwer geworden, passende Lehrkräfte zu finden“, meinte Fischer. Petra Fecke sieht den Mangel vor allem bei Sozialpädagogen und im Fach Deutsch als Zweitsprache.
© Lippische Landes-Zeitung, 20.02.2016
Der Schulelternrat berichtet vom Besuch am Heldmannskamp
Bericht von der Informationsveranstaltung zum Thema Inklusion am Heldmannskamp am 18.02.2016
Neben den beiden Schulleitern der Heinrich-Drake Schule und der Realschule Lemgo, Frau Fecke und Herrn Fischer, informierte der Sonderpädagoge Herr Tiemann ausführlich über seine Arbeit.
Seit 2008 gibt es am Heldmannskamp gemeinsamen Unterricht. In dieser Zeit konnten viele Erfahrungen gesammelt werden, die heute allen Schülern an der Heinrich-Drake Schule zu Gute kommen. Die Inklusionsklassen bestehen in der Regel aus 25 Schülern, davon maximal fünf Kindern mit anerkannten Förderbedarf. Die Lehrerteams setzen sich aus Fachlehrern und Sonderpädagogen zusammen, die in regelmäßigen Fallbesprechungen nicht nur Fördermöglichkeiten für die Kinder mit anerkanntem Förderbedarf, sondern auch für die anderen Schüler planen. Auch die Integrationshelfer sind in dieses System mit einbezogen und stellen eine Bereicherung dar. Die Klassen sind auch sonst sehr heterogen und die Schüler verfügen über unterschiedlichste Talente. So sind Schüler mit Lernstörungen z.B. oft sehr kreativ. Diese Talente zu fördern und eine Kultur der gegenseitigen Unterstützung zu etablieren ist eins der Erfolgsrezepte der Heinrich-Drake-Schule. Durch die gute Zusammenarbeit und die Förderung des Einzelnen gibt an der Heinrich-Drake-Schule eine sehr geringe Zahl von Wiederholern.
Auch die Zusammenarbeit mit der Realschule, die ebenfalls einen großen Wert auf das erfolgreiche Zusammenwachsen der Lerngruppen legt ist sehr gut und wird durch einen regelmäßigen Austausch gefördert. Zudem ist das System durchlässig, so dass z.B. Schüler mit guten Leistungen ohne großen organisatorischen Aufwand von der Heinrich-Drake-Schule in die Realschule wechseln können. Auch an der Realschule gibt es gute Erfahrungen mit den Inklusionsklassen.
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass an beiden Schulen der Umgang mit heterogenen Lerngruppen erfolgreich praktiziert wird und nur in ganz seltenen Ausnahmefällen eine Beschulung von Schülern mit anerkanntem Förderbedarf scheitert. Voraussetzung für diese erfolgreiche Arbeit sind im Wesentlichen:
- regelmäßige Fortbildung der Lehrer und Sonderpädagogen
- Zusammenstellung von wechselnden Lehrer- und Pädagogenteams
- mehrkanaliges Arbeiten auch in Fächern wie Mathe
- der Einsatz von Medien wie z.B. Beamter und Whiteboard
- Einzelberatungen werden bei Unterricht und Arbeiten berücksichtigt
- unterschiedliche Ziele für die Schüler
- eine gute räumliche Ausstattung mit der Möglichkeit zu Differenzieren
- praktische Teile ab Klasse 7 wie z.B. Werken und Kochen
- zusätzlich Berufsvorbereitung und Elternberatung